Praxen und Patienten profitieren von Physician Assistants

Ergebnisse eines Modellprojektes zeigen, wie wertvoll der Einsatz von Physician Assistants (PA) schon heute ist. Davon hat sich auch der KBV-Vorsitzende bei seinem Besuch einer Gemeinschaftspraxis im Münsterland, die an dem Projekt teilnimmt, überzeugt.
Vor knapp zwei Jahren hat die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) gemeinsam mit der Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik Rheine (EUFH) und der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants (DGPA) das Modellprojekt auf den Weg gebracht.
Daran nimmt auch die Gemeinschaftspraxis Gesenhues & Partner teil. Neben Dr. Sebastian Gesenhues arbeitet dort sein Team, bestehend aus sieben Ärztinnen und Ärzten sowie knapp 60 Mitarbeitenden. Zum Start beschäftigte der Hausarzt zwei Physician Assistants, heute sind es fünf, berichtet die KVWL. „Allein diese Entwicklung zeigt für mich den großartigen Erfolg des Projekts. Wir haben es gemeinsam im Team und im Zusammenspiel mit den Patienten geschafft, eine Struktur zu etablieren, in der medizinische Versorgung auf viele Schultern verteilt werden kann. In Zeiten von immer knapper werdenden ärztlichen Ressourcen in der ambulanten Versorgung müssen wir künftig mehr Aufgaben delegieren. Eine Antwort darauf kann das Modell der Teampraxis sein. Durch den PA-Einsatz konnten wir die Versorgungsqualität sogar verbessern, wovon am Ende des Tages die Patienten profitieren können.“
PA Jule Hörmann: „Die Menschen sind froh über dieses Angebot“
Jule Hörmann hat das dreijährige PA-Studium bereits absolviert. In der Praxis hat sie sukzessive immer mehr Verantwortung übernommen: „Zum Start des Projekts sind wir noch eher im MFA-Team mitgelaufen, das war für die Einarbeitung auch sinnvoll. Inzwischen arbeiten wir Physician Assistants sehr selbstständig. Mit dem Aufbau der Zweigstelle in Gronau-Epe hat sich mein persönlicher Arbeitsbereich noch einmal verändert. Nachmittags übernehme ich dort in Eigenverantwortung bestimmte Termine. Ich kümmere mich beispielsweise um Verlaufskontrollen, Wundversorgung, ziehe Fäden. Bei Bedarf kann ich außerdem einen ärztlichen Kollegen via Video hinzuziehen – das war im ersten Dreivierteljahr aber noch nicht nötig.“ Und wie fällt das Feedback der Patienten aus? „Extrem positiv! Die Menschen sind einfach sehr froh, dass es dieses Angebot gibt und sie gut versorgt werden.“
KBV-Chef Gassen: „Entscheidend ist eine Abbildung in der Vergütung“
Nach einem Rundgang durch die Großpraxis und einem intensiven Austausch mit dem Praxisteam zeigte sich auch KBV-Chef Dr. Andreas Gassen vom PA-Einsatz in der ambulanten Versorgung überzeugt: „Physician Assistants bieten ganz sicher die Chance zur Entlastung von Ärztinnen und Ärzte, das ist sowohl für haus- als auch für den fachärztlichen Bereich denkbar. Neben der praktischen Einsatzfähigkeit und einer vereinheitlichen Ausbildung der PA muss diese Tätigkeit über die Vergütung finanzierbar sein. Denn es handelt sich um höherqualifizierte Kräfte, die natürlich auch entsprechend verdienen wollen und sollen”, forderte Gassen.
Auf diesem Weg sei noch einiges an Arbeit zu erledigen, vor allem weil die Budgetierung hier bislang enge Grenzen gesetzt habe. Perspektivisch, so Gassen, werden PA einen Beitrag zur Versorgung leisten können. „Insbesondere in größeren Praxisstrukturen, die große Bereiche versorgen, sehe ich entsprechende Möglichkeiten“, so der KBV-Chef.
KVWL-Vize Schrage: „Der Weg zur Teampraxis ist alternativlos“
Nicht nur in der Praxis Gesenhues & Partner zahlt sich der PA-Einsatz bereits aus. Auch aus den anderen Modellpraxen sind die Rückmeldungen laut KVWL äußerst vielversprechend. So übernehmen die PA im Schnitt rund 30 Prozent der Patientenkontakte und tragen teilweise dazu bei, dass sich Wartezeiten auf Termine erheblich verringerten. Dementsprechend fällt auch das Resümee von Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVWL, durchweg positiv aus: „Insgesamt ist unser Modellprojekt sehr gut gelaufen. Die Akzeptanz bei den Patientinnen und Patienten ist hoch, solange sie wissen, dass am Ende ärztliche Kompetenz dahintersteckt. Und auch die Akzeptanz bei den Ärztinnen und Ärzte ist hoch. Sie spüren deutlich die Entlastung und haben dadurch mehr Zeit für schwere Krankheitsverläufe.“
Und wie geht es nach dem Modellprojekt jetzt weiter? „Wir werden noch einige Diskussionen führen müssen. Eine Ebene ist die Qualifizierung der PA. Das Studium ist bisher leider nicht bundesweit einheitlich geregelt”, bedauert Schrage. Hierzu gebe es jedoch bereits Gespräche. „Zudem müssen wir mit den Kassen beziehungsweise dem GKV-Spitzenverband sprechen, damit wir eine nachhaltige Finanzierung der Physician Assistants ermöglichen können”, erläutert Schrage, für den der Weg zur Teampraxis „alternativlos“ ist. „Denn allein durch ärztliche Arbeitskraft werden wir die ambulante Versorgung schon in naher Zukunft nicht gewährleisten können“, ist Schrage überzeugt.
Quellen: MedCon Health Contents GmbH; KVWL
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